13.05.2013

Reutlinger General-Anzeiger

REUTLINGEN. Die Moto-Cross-Fans ließen sich von Regenschauern, stellenweise sogar mit Hagel, nicht abschrecken: Insgesamt 5 000 kamen an den beiden Tagen an die Reutlinger Strecke am Sportpark. »Damit können wir angesichts der Witterungsverhältnisse absolut leben«, erklärte RMC-Vorsitzender Michael Saur. Bei schwierigsten Bedingungen zeigten die internationalen Asse ihr Können. Top-Favorit Max Nagl verteidigte seine Masters-Gesamtführung.

Moto-Cross-Fahrer sind nicht zimperlich. Den Meisten macht’s erst richtig Spaß, wenn auf der Strecke die Dreck-Klumpen fliegen. Aber selbst für die hartgesottenen Regenwetter-Fans unter ihnen war’s bei der Reutlinger Veranstaltung ganz schön heftig. So heftig, dass im Abschluss-Rennen, dem zweiten Lauf des ADAC MX Masters, Rennleiter Michael Garhammer den Durchgang kurz vor Schluss abbrach, weil die Strecken-Bedingungen zu gefährlich waren.

Um zwei Beispiele zu geben: Wenn ein Fahrer im aufgeweichten Lehmboden mit seinem Motorrad stecken blieb, hatten die Nachfolgenden Mühe, ihn zu umkurven, weil auf dem rutschigen Untergrund kurzfristige Richtungswechsel kaum noch möglich waren. Im Zielhang gab es über 40 Zentimeter tiefe Rillen, in denen die Piloten die Stiefel hochrissen, weil sie sonst beim Durchfahren am Boden hängengeblieben wären.

»Trotz aller Wäschen wird das Motorrad nicht mehr so sauber wie es vorher war«

Doch lassen wir die Beteiligten selbst zu Wort kommen. »Das war wirklich hart. Die Strecke war so rutschig. Unglaublich. Ich bin vorsichtig gefahren, um ohne Sturz durchzukommen«, sagte Sebastien Pourcel, der Tagessieger, nachdem er sich im Ziel erst mal das dreckverschmierte Gesicht gereinigt hatte. Die Motorräder sahen entsprechend aus. Was am Start noch rot oder gelb geleuchtet hatte, war nachher einheitsbraun, mit einer dicken Erd-Schicht überzogen.

»Es wäre nicht so schlimm gewesen, wenn es die ganze Zeit geregnet hätte. Weil aber immer wieder zwischendurch die Sonne durchkam, klebte der Lehmboden zusammen und wickelte sich überall herum«, beschrieb Michael Saur, der Vorsitzende des 1. RMC Reutlingen, das Problem. Den Ausrichter traf keine Schuld: Bei diesen Wetterbedingungen standen auch die vielen Strecken-Helfer des RMC, in zig internationalen Veranstaltungen gestählt, auf verlorenem Posten. »Das haben wir nicht in der Hand«, sagte Saur.

»Da braucht man ein paar Mal die Hochdruck-Wasser-Spritze und noch drei normale Wäschen, und trotzdem wird das Motorrad nicht mehr so piccobello sauber werden wie es vorher war«, seufzte Haase, als er seine Suzuki betrachtete. Der Berliner, der für den 1. RMC Reutlingen fährt, hatte sich im »Last Chance Race« die Gelegenheit als Reserve-Fahrer für das Rennen der Asse erkämpft – wenn ein bereits qualifizierter Pilot nicht antrat, durfte er einspringen. Im ersten Durchgang musste der 22-Jährige noch zuschauen, für den zweiten Lauf aber rutschte er ins Starterfeld. Gerade, als er Platz um Platz gutmachte, wurde das Rennen abgebrochen. »Schade, wenn’s weitergegangen wäre, hätte ich’s noch in die Punkte geschafft«, meinte der Berliner, der 23. im Feld der 38 Starter wurde. Zum vorzeitigen Renn-Ende gab’s aber keine Alternative.

»Die Entscheidung war richtig«, fand nicht nur Top-Favorit Max Nagl. Der Weilheimer trumpfte im ersten Lauf vom Start weg auf, gewann souverän und übernahm auch im zweiten Durchgang noch in der ersten Runde die Führung. Doch dann erwischte es auch den Vizeweltmeister von 2010. Erst rutschte er in Runde vier in einer Linkskurve weg, und als er sich wieder auf Rang vier vorgearbeitet hatte, flog er mit seiner Honda in einer Rechtskurve zwischen die Bäume neben der Strecke. Bis er die Maschine wieder zurückgeschoben hatte, verlor der 25-Jährige viel Zeit. »Bei diesen Bedingungen kann das passieren«, meinte der Star gefasst. Platz acht reichte dennoch für weitere Punkte.

In der Meisterschaftswertung liegt Nagl nach zwei Stationen weiter in Führung vor Pourcel, der den ersten Durchgang für sich entschieden hatte. Nicht vergessen wird Tim Gajser (KTM) den Tag. Die Ränge drei und vier im Rennen, dazu Platz drei in der Tageswertung hinter dem zweitplatzierten Ex-Reutlinger Dennis Ullrich (Saarlouis/KTM) konnten sich sehen lassen – zumal dem Slowenen während des Wettkampfs erst ein Stein und dann auch noch Dreck ins linke Auge geflogen war. Mit literweise Wasser musste das Auge gespült werden. »Dann war es viel besser«, lächelte der tapfere 16-Jährige.

Im ADAC Youngster Cup drückte Lars Reuther beiden Rennen seinen Stempel auf. Der Pleidelsheimer fuhr vom Start weg seine Konkurrenz in Grund und Boden und gewann zunächst mit über einer Minute Vorsprung, ehe der 20-Jährige im zweiten Durchgang 38 Sekunden vor den Verfolgern lag. »Das war echt super«, sagte der KTM-Pilot und beschrieb das Rezept für seine Blitzstarts mit folgenden Worten: »Man muss mit Gefühl für das Gas rangehen und zugleich den letzten Tick mehr Gas als die Konkurrenz geben.«

Das hört sich leichter an als es auf rutschigem Boden ist. Tagessieger Reuther sitzt in der Gesamtwertung nun dem Belgier Brent van Doninck im Nacken, der in Reutlingen Zweiter der Tageswertung vor dem Weiskirchener Stefan Ekerold (alle KTM) war.